Biografie
Die bildhafte Wahrnehmung unserer Städte orientiert sich überwiegend an städtebaulichen Brennpunkten, wie historisch bedeutsamen Baudenkmälern, Plätzen und Straßen oder an topografischen Vorgaben. Ein einzelnes, unscheinbares Wohnhaus, ein Innenhof oder ein Ensemble heterogener architektonischer Elemente hingegen widersetzt sich zunächst einer unmittelbaren ästhetischen Betrachtung. Genau diesen „unauffälligen Schauplätzen“ – so der Titel der im Portfolio versammelten ersten Serie – gilt das Interesse des Fotografen und Designers Stefan Schumacher (geb. 1960). Ausgehend vom Stil der Düsseldorfer Becher-Schule nähert sich Schumacher den Gegenständen seines Interesses zunächst deskriptiv. Eine Beeinflussung des „reinen“ Motivs durch Personen, Fahrzeuge oder Schilder findet nicht statt, das Licht ist stets gedämpft, ohne jeden Schattenwurf. Auf diese Weise wird der Wirklichkeitsausschnitt in eine sterile Künstlichkeit überführt, die die strukturellen Zusammenhänge klar herausstreicht, ja sie als das eigentlich Konstituierende des Motivs überhaupt erst ermöglicht: Flächen, stereometrische Formen und partikulare Strukturen schließen sich zu abstrahierenden Gesamtkompositionen zusammen, wobei atmende Raumsituationen, sich staccatohaft auftürmende Giebel oder kunstvoll verschränkte Quader einander abwechseln. Erst diesem „zweiten Blick“ folgt eine veränderte Wahrnehmung der Architektur selbst, die hierdurch ikonische Zeichenhaftigkeit und eine durch die Fotografie hervorgerufene künstlerische Autonomie erhält. Schumachers Arbeiten erweisen sich daher als dialektische, konzeptuelle Bildkunst, die eine eigenständige Bildästhetik entwickelt.
Die zweite im Portfolio enthaltene Serie trägt den Titel „Entnommen“. Zentrales Anliegen des Künstlers ist hier das Erschließen neuer Bildwelten; keine strenge formale und inhaltliche Deklination eines bestimmten Themas, nein, ganz im Gegenteil: spielen erlaubt, scheitern erlaubt! Die Kamera als ständiger Begleiter, jeder beobachtete Quadratzentimeter als möglicher Impulsgeber. Der städtische Raum ist die Spielwiese, die Bühne des Fotografen und liefert Vorlagen für Bilder, die bisweilen an die Grenzen der Dechiffrierbarkeit gelangen.
Curriculum Vitae
1960 | geboren in Düsseldorf |
1984–1990 | Studium Kommunikationsdesign, Universität Essen; Diplom |
1990– | Freischaffender Fotograf und Designer |
2016– | Lehrauftrag an der Hochschule Augsburg |
Stefan Schumacher lebt und arbeitet in München | |
Ausstellungen (G = Gruppenausstellung) |
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2019 | “6 Voices” (G), Ingo Seufert — Galerie für Fotografie der Gegenwart, München |
2018 | “ART Innsbruck” Kunstmesse (G), präsentiert von Ingo Seufert — Galerie für Fotografie der Gegenwart, München, Messe Innsbruck, Innsbruck, Österreich |
2017 | “Ins Bild setzen” (G), Architekturfotografie aus Bayern, Bayerische Architektenkammer, München |
2016 | “Gemstones” (G), Ingo Seufert — Galerie für Fotografie der Gegenwart, München |
2015 | “Ins Bild setzen” (G), Architekturfotografie aus Bayern, Bayerische Architektenkammer, München |
“Wahrnehmungen” (G, zusammen mit Diemut von Funk), Ingo Seufert — Galerie für Fotografie der Gegenwart, München | |
“unauffällige Schauplätze” (G, together with Bernhard Müller) for the opening of the factory photo gallery “sono”, Salzburg | |
2013 | “Spuren” (G), Soziale Skulptur München e.V., München |
2009 | “Ende ist Anfang” (G), Soziale Skulptur München e.V., München |
Ausstellung Oberste Baubehörde, München | |
Gastkünstler bei der Sommerausstellung in der Wiede-Fabrik, München | |
2008 | G im Rahmen des Europäischen Architekturfotografie-Preises im KAZimKUBA Kassel, Goethe-Institut Singapur und vhs-photogalerie Stuttgart |
2007 | Ausstellung mit Lithographien von Joseph Beuys, Soziale Skulptur München e.V., München |
G, Bundeskunsthalle Bonn | |
“Gebaute Umwelt — urbane Orte” (G) zur OpenArt, Galerie Jordanow, München | |
2006 | G, Istituto Italiano di Cultura di Tokyo, Japan |
Stipendien und Preise — Auswahl |
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2011 | Förderung durch das Kulturwerk der VG Bild-Kunst GmbH |
2007 | Anerkennung beim Europäischen Architekturfotografie-Preis: My Favourite Places, Publikation im Katalog |
2003 | Anerkennung beim Europäischen Architekturfotografie-Preis: Urban Spaces, Publikation im Katalog |
Förderung durch das Kulturwerk der VG Bild-Kunst GmbH | |
Lehrtätigkeit |
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2016– | Lehrauftrag an der Hochschule Augsburg |
Referenzen — Auswahl |
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AIT, American Express, Bauwerk Parkett, BMW, Demos, DETAIL, GKT, Hochtief, Hörmann, RWE, ROMA, TRILUX, Staatliches Bauamt München 1, Sto SE & Co., VDI, VDE, Velux, VIESSMANN | |
Website |
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http://www.schumacherfotografie.de |
Stefan Schumacher
Foto: Bernhard Müller
„Mein Interesse gilt den unauffälligen Schauplätzen unserer Städte, die mich tagtäglich umgeben und begleiten. Plätze, Höfe, Straßen, die sowohl Individualität als auch Beliebigkeit von Stadtbebauung aufzeigen: Verschachtelungen und Konglomerate von Gebäuden, das Aufeinandertreffen banaler Gegenwartsarchitektur mit historisch Gewachsenem, das bisweilen kulissenhaft Künstliche, Kuriose.
Meine Motive entdecke ich sehr unmittelbar und intuitiv; es folgt eine Phase der Besinnung und konzentrierten Hinterfragung, aus der sich eine sofortige Aufnahme oder das Verwerfen der vorgefundenen Situation ergeben. Im Idealfall entstehen Arbeiten, die nicht die bloße Abbildung eines Ortes thematisieren, sondern die Elemente dieser Orte in ästhetische Zeichen übertragen, losgelöst von Zeit und Raum.
Ich arbeite mit einer analogen 4 x 5 inch Laufbodenkamera, die die von mir gewünschte Detailgenauigkeit bietet und gleichzeitig ein zügiges und unauffälliges Arbeiten erlaubt. Durch Digitalisierung entsteht anschließend die Möglichkeit, auf Lambda– oder Irisprints ausgeben zu können.“ (Stefan Schumacher)